Trichterbrust

3D-Rekonstruktion des Brustkorbs eines Patienten mit Trichterbrust
Röntgenbild des Brustkorbs eines Patienten mit Trichterbrust

Die Trichterbrust „Pectus excavatum“ ist eine pathologische Veränderung des Brustkorbes, die mit einer Häufigkeit von 8 Betroffenen von 1000 Kindern relativ häufig auftritt und deswegen einen großen Stellenwert in der pädiatrischen Chirurgie hat.

Es muss klar sein, ab wann eine pathologische Deformierung vorliegt und für eine eventuell folgende Operation ist eine genaue Diagnostik von großer Bedeutung, um die Schwere und die Form des Pectus excavatum bestimmen zu können. Nur so kann eine adäquate Behandlung erfolgen. Diese Kenntnisse sind unabdingbar um dem Patienten die für ihn passende Behandlung zukommen zu lassen und ein möglichst gutes Ergebnis in der Behandlung zu erzielen. Das ärztliche Ziel ist es, dem Patienten zu helfen und seine Lebensqualität zu verbessern. Dies ist bei dieser Erkrankung meist nur durch eine Operation möglich, welche neben der oft beträchtlichen Verbesserung natürlich auch Komplikationen mit sich bringen kann. Es ist wichtig für den Patienten beziehungsweise die Eltern, über alle Faktoren aufgeklärt zu sein und so eine eigenständige Entscheidung für eine Behandlung der Trichterbrust treffen zu können.

Die Trichterbrust - Pectus excavatum: ist eine Hemmungsmissbildung mit bogenförmiger Einziehung des unteren Pols des Brustbeins oder des Schwertfortsatzes (Xyphoid) in den Brustraum zwischen dem Centrum tendineum des Zwerchfells und der Thoraxvorderwand. Zur gleichen Krankheitsgruppe gehört auch die Kielbrust – Pectus carinatum.

Bei der Geburt ist die Trichterbrust selten ausgeprägt. Sie entwickelt sich während der ersten Lebensjahre und kann bis zur Pubertät auftreten. Die bei dieser Krankheit resultierende Deformität hat nicht nur kosmetische Folgen, sondern kann durch Einengung des Herzbeutels zur Beeinträchtigung der Lungen- und Herzfunktion führen. So kann es beispielsweise zu einer Kompression der Lungengefäße mit immer wiederkehrenden Infekten des Atmungsstraktes kommen.

Pathophysiologie der Trichterbrust

Trotz großer Fortschritte in der Embryologie und im Verständnis der Entwicklung menschlicher Organe ist zur Entstehung der Trichterbrustdeformität überraschend wenig bekannt. Mehrere Hypothesen sind aufgestellt worden. Im Hinblick auf angeborene Ursachen wurde eine Fehllage des Foeten im Uterus in Betracht gezogen, mit Druck auf den unteren Sternalbereich durch Knie, Ferse oder Kinn bei gleichzeitigem Mangel an Fruchtwasser, ein übertriebenes Längenwachstum des Brustbeins, eine Hemmungsmissbildung des Brustbeins oder eine allgemeine Störung des Bindegewebsstoffwechsels. Auch erworbene Ursachen sind postuliert worden, wie ein verlangsamtes Wachstum des Sternums, eine rachitische Genese, und sogar, dass die Trichterbrust entweder eine Berufskrankheit bei Schustern und Töpfern sei oder als Folge einer Tonsillenhypertrophie durch Obstruktion der oberen Atemwege auftreten kann.

Aus heutiger Sicht muss vermutet werden, dass die Trichterbrust Ausdruck einer vererbten allgemeinen Schwäche des Bindegewebes ist. Hierfür sprechen nicht nur neuere Erkenntnisse zum Bindegewebsstoffwechsel, sondern auch die enge Verbindung der Trichterbrust zum Körperhabitus und die häufige Kombination der Trichterbrust mit Fehlbildungen der Wirbelsäule und/oder anderen Anomalien, wie zum Beispiel Mitralklappenprolaps, Pulmonalagenesie, Hüftdysplasie, Hüftluxation, Schädelmissbildung, Epilepsie oder einer Vielzahl vererbter Syndrome.

Forscher an der Universität Münster haben die Beschaffenheit des Trichterbrustknorpels elektronenmikroskopisch untersucht und fanden dabei deutliche Strukturveränderungen, die auf Störungen im netzartigen Aufbau des Knorpels zurückzuführen sind. Ein biochemisches Korrelat der morphologischen Veränderungen stellte das Vorhandensein eines abnormen Vorläufermoleküls des Typ II Kollagen, das so genannte pN-Kollagen-II-Molekül dar. Ferner zeigten sich große Ansammlungen von Partikeln in der Interzellularsubstanz in der Nähe der perichondrozytischen Knorpelhöfe, bei denen es sich möglicherweise um pathologische Proteoglykane handelt. Darüber hinaus ergaben biochemische Untersuchungen, dass die normale Bindung zwischen den Bindegewebsproteinen Aggrecan und cartilage matrix protein (CMP/Matrilin-1) im Trichterbrustknorpel aufgehoben ist.

Ausgehend von früheren Befunden von Rupprecht, dass die Zinkkonzentration im Trichterbrustknorpel deutlich herabgesetzt ist, spekulierte die Autorin letzterer Studie, dass ein Enzym, welches Aggrecan und cartilage matrix protein kovalent miteinander verknüpft, von Zink abhängig und daher bei Trichterbrustpatienten wenig vorhanden ist. Zusammenfassend unterstützen also auch diese Befunde die These, dass die Trichterbrust Ausdruck einer tiefsitzenden allgemeinen Störung des Bindegewebsstoffwechsels ist. Viele an Trichterbrust leidenden Patienten leiden nicht nur an Körperlichen Beschwerden, sondern entwickeln auch psychische Störungen, die in die Behandlung einbezogen werden müssen.

Symptome und Diagnostik

Typische Symptome

  • Brustschmerzen
  • Kurzatmigkeit langsam zunehmend und sich verschlechternd unter Belastung
  • Belastungseinschränkung
  • Einengung des Brustkorbs mit Kompression und Verlagerung des Herzens
  • Verminderung von Ausdauer und Durchhaltevermögen
  • Herzklopfen und gelegentlich Herzrasen
  • Mitralklappenprolaps-Syndrom

Typische Untersuchungen sind

  • Klinische Untersuchung und Anamnese
  • Vermessung der Ausdehnung des Trichters
  • Echokardiographie (Ultraschall des Herzens
  • Belastungstest
  • Atemfunktionstest
  • Magnetresonanztomographie (MRT) des Brustkorbs (eine bildgebende Untersuchung) zur Bestimmung des Schweregrad-Index des Trichters
  • ggf. psychologische Untersuchung
Therapie und Komplikationen bei Pectus excavatum

Die Nuss-Methode ist seit ihrer erstmaligen Beschreibung im Jahr 1998 zur Methode der Wahl für die Behandlung von Pectus excavatum geworden. Bereits 1987 hat Donald Nuss die minimal-invasive Technik entwickelt, welche seitdem durch verschiedene Modifikationen immer weiter entwickelt wurde. Bei der Nussmethode werden zwei kleine 2-cm Schnitte beidseits an den mittleren Axillarlinien, auf der Höhe der stärksten Vertiefung des Sternums, vorgenommen. Es wird durch diese Einschnitte hindurch mit Klemmen ein Tunnel erstellt, der retrosternal verläuft, unterhalb der Pectoralmuskeln, aber oberhalb der Rippen mit den Interkostalmuskeln. Zunächst wird von jeder Seite aus ein Tunnel präpariert, bis beide in der Mitte des Brustkorbes unter dem Sternum verbunden werden können. Dann wird ein vorher an den Patienten angepasster, gebogener Stahlbügel eingeführt und durch den Tunnel geschoben, dabei ist die konvexe Seite nach hinten gerichtet. Der Bügel wird umgedreht, sobald er in der richtigen Position ist, so wird durch den Druck die Deformität korrigiert. Es folgt eine beidseitige Befestigung mit Nähten. Es gibt verschiedene Modifikationen dieser Technik, auf die ich später noch eingehen werde. Der Bügel wird, wenn keine Komplikationen auftreten, zwei bis drei Jahre im Körper verbleiben und wird dann in einem ambulanten Eingriff entfernt.

Heute wird meist ein Thorakoskop genutzt, um die Strukturen im Brustkorb, vor allem das Mediastinum mit dem Herzen, zu schützen und Verletzungen zu verhindern. Eine weitere Modifikation nach Jacobs et al dient ebenfalls diesem Zweck. Sie führen zuerst einen Silikondrain in den retrosternalen Tunnel ein, um dann den Stahlbügel durch diesen hindurch zu schieben. So wird ebenfalls eine Verletzung der Thoraxorgane verhindert. Auch die Verwendung von seitlichen Stabilisatoren soll dem Bügel mehr Stabilität verleihen und eine Verschiebung verhindern. Dabei wird zusätzlich zur Nussmethode ein Thorakoskop durch eine wenige Millimeter große Öffnung in den rechten Pleuraraum zwischen dem sechsen und siebten Interkostalraum eingeführt und der Bügel schließlich am M. serratus anterior mit Hilfe von ungefähr zehn nichtabsorbierbaren Nähten auf der rechten Seite und zehn absorbierbaren Nähten an der linken Seite an jeweils einem Stabilisator befestigt. Dabei sind die Nähte auf der rechten Seite nichtabsorbierbar, da diese bei der Entfernung des Bügels wieder geöffnet werden müssen und wahrscheinlich eine bessere Stabilität hierfür gewährleisten. Auch eine kleinere Bügelgröße und eine neuartige Formung liefern viel versprechende Ergebnisse. Dabei hat der Bügel auf der Rückseite einige zentrale Rillen, wodurch er medialer und stabiler positioniert werden kann. Es gab keine Komplikationen und auch keinen Fall von einer Verschiebung des Bügels. Dies sind sehr gute Ergebnisse im Vergleich zu zwei parallel ausgeführten Studien, bei denen eine Gruppe mit der üblichen Nussmethode behandelt wurde (16,7% Verschiebung) und eine Gruppe wurde mit der Drei-Punkt-Fixierung behandelt, hier gab es eine Verschiebungsrate von 2,1%.

Eine weitere Modifikation wurde von S. D. St. Peter, S. W. Sharp, Daniel J. Ostlie et al beschrieben. Hier wird ein Einschnitt am Xiphoid des Sternums gemacht, durch welchen der Chirurg seinen Finger vorsichtig unter das Sternum schieben kann und so stumpf den Raum für den Bügel erweitert. Außerdem kann er das Perikard so etwas zur Seite drängen, damit es beim Einführen des Bügels nicht verletzt wird. Währenddessen kann der Chirurg mit seinem Finger den Bügel führen und genau kontrollieren, wo er sich befindet. Mit dieser Methode kam es bei keinem der Patienten zu einer Verletzung des Perikards, lediglich 0,4 bis 1,5% der Patienten erlitten eine Perikarditis. Während die operative Behandlung von pectus excavatum früher meist nur bei Kindern durchgeführt wurde, da diese einen weicheren und biegsameren Brustkorb haben, werden heute auch Studien zur minimal-invasiven Behandlung bei Erwachsenen gemacht.

Bei sehr schweren Fällen oder unbiegsamem Thorax können auch zwei oder mehr Stahlbügel eingeführt werden. Die Ergebnisse von Schalamon et al sind sehr zufrieden stellend. Es gab keine Rezidive und alle Patienten waren zufrieden mit dem kosmetischen Ergebnis, während die Chirurgen das Ergebnis bei 91% der Patienten als ausgezeichnet, bei 9% jedoch auch als unvollständig bewerteten.

Auch die so genannte Krantechnik zielt darauf ab, den Druck und die Krafteinwirkung auf den Stahlbügel bei Erwachsenen so gering wie möglich zu halten. Dabei wird das Sternum mit einem Kran angehoben, bevor der Inserter eingeführt wird, da der Brustkorb von Erwachsenen oft steif und unnachgiebig ist. So kann der Bügel ohne den extremen Druck besser gedreht werden und auch innere Verletzungen können minimiert werden. Mit diesen Modifikationen ist es heute gut möglich, auch Erwachsene, vor allem aus kosmetischen Gründen, mit der minimal-invasiven Methode nach Nuss zu behandeln.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Nussmethode heute die Methode der Wahl für die Behandlung von Pectus excavatum ist und die offenen Methoden kaum noch durchgeführt werden. Durch die ständige Betrachtung der Komplikationen und die daraus entstehenden Modifikationen können immer bessere Ergebnisse erzielt werden und sogar bei Erwachsenen und Patienten mit schwerer Deformität können ausgezeichnete Ergebnisse erreicht werden.